Heuristische Vorbetrachtung zur Neuen Industriellen Kooperation

Neue Industrielle Kooperation braucht zunächst moderne Produzenten

Rainer Nowotny
29.11.2021

Modern ist ein Produzent nicht, wenn er stets in die modernsten und neuesten Produktionsmittel investiert, sondern wenn er die drängensten Probleme der Zeit erkennt und angeht.

Waren während des industriellen Aufschwungs Deutschlands die sozialen Probleme der Proletarier drängender als alle anderen, fehlende finanzielle Versorgung bei Krankheit und Alter, unzureichende Schulperspektiven der Kinder und so weiter, waren es nach den Weltkriegen Korruption, Veruntreuung und politischer Drangsal über die Staatsgebilde hinaus bis in neue Kolonialabhängigkeiten und Lagerkämpfe zwischen Bündnissen militärischer Gewalt,
so wird die heutige Zeit der Erschöpfung beherrscht durch Kämpfe um Rohstoffe und Wasser, die Verfüllung mit Müll und Beton, die Vergiftung des Bodens und der Luft, gepaart mit einer globalen Verschwendung von Ressourcen und der Zerstörung von Lebensräumen. Moderne Produzenten widmen sich diesen Aufgaben.

Grundsätzlich bleibt jedoch die Arbeit stets Quelle der menschlichen Entwicklung. Maschinen verrichten Arbeit, so wie ein Stein, den Berg herunterrollend, Sträucher entwurzelt. Maschinen stellen keine Produkte her, sie produzieren nicht.
Die Arbeiter, Maschinen führend, produzieren; sie stellen Produkte her.
Wer so Kind noch ist, glauben möchte, Maschinen werden arbeiten, Arbeiter werden singen, der hat noch nie sein zartes Universitätskissen verlassen. Er sollte schnellstens in eine richtige Fabrik fahren, um das Arbeitsleben kennenzulernen.

In jeder Fabrik, in jedem Büro, in jeder Innovationsgarage arbeiten Menschen miteinander, zumindest einander zu. Entwicklergeist ist etwas zutiefst Menschliches. Moderne Produzenten brauchten immer die kreativen Mitarbeiter.
Kollegen sind nicht so, wie man sie möchte. Alle beanspruchen ihrer individuellen Probleme und Einschränkungen. Man muss sie nehmen, wie sie sind, dann entfalten sie Kreativität und Fantasie.
Achtung fördert Mitdenken und Motivation. Kommunikation ist Aufgabe der Führung. Die Macher müssen präsent sein. Aus der Ferne ist nicht zu führen.

Eines der vielen Probleme unser Zeit ist die Steigerung des Überflusses. Das Wachstum bekam zur Vernichtung die Obsoleszenz. Aber Vernichtung und Obsoleszenz alter Güter beschert falsches Wachstum, das zwar Überfluss kennt, nicht aber Reichtum. Die Unterscheidung von Überfluss und Reichtum einer Nation verliert sich in der Selbstherrlichkeit des Individualismus.

Die Vervielfältigung von Wissen oder angewandtem Wissen, der Applikation, ist nicht neoliberal marktwirtschaftlich, genau darum wird das Urheberrecht zum größten Gut des Neoliberalismus und genau damit verdient man das meiste Geld.

Mittelalterliche Klöster betrieben eine Vorstufe der Applikationswirtschaft, indem sie Schriften vervielfältigten, ausgestalteten und archivierten. Zwar verbrauchten sie geringe Mengen an Rohstoffen, Pergament, Gänsefedern, Tinte und Kerzen, doch ist dieser Verzehr gegenüber den Applikationsergebnissen, den kostbaren Handschriften, zu vernachlässigen.

Applikationswirtschaft unterscheidet sich, trennt sie nicht nur inhaltlich sondern auch handwerklich, streng von Bank- und Finanzgeschäften, deren Geschäft ebenfalls Weitergabe und Vervielfältigung ist.

Die Weitergabe technischen Wissens und die Vervielfältigung angewandten Wissens ist stets Motivation der Vereinigungsbestrebungen von Produzenten.

Die Rückverfolgbarkeit von Lieferketten sollten auch ohne Lieferkettengesetz für jedes Unternehmen eine freiwillige Pflicht sein. Die Weitergabe von Besonderheiten, Erkenntnissen und Tricks sollte gerade an junge Unternehmen eine freiwillige Pflicht gestandener Unternehmer und Unternehmerinnen sein.
Überhaupt ist freiwillige Pflicht eine Form von Moral und Ehre.




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