Komplexe Textiltechnik

 

 

 

 


Textilindustrie — Motor der industriellen Entwicklung

Rainer Nowotny;   November 2022

Abgesehen von der Nadel war das erste textile Werkzeug die Handspindel. Eigentlich nur ein Stöckchen, doch nicht das Werkzeug macht das Handwerk, sondern das handwerkliche Können macht aus einem Ding ein Werkzeug, macht aus einem Stöckchen eine Spindel.
Das Spinnrad kam vielleicht mit den Kreuzfahrern nach Europa.
Die Flügelspindel kam wahrscheinlich später hinzu.

Bis 1492 die Kolonisierung ferner Gegenden einsetzte, war der begrenzende Faktor der Textilwirtschaft die Erzeugung der Fasern: Wolle, Flachs, Hanf. Seide und Baumwolle waren Exoten, die über die Seidenstraße teuer importiert wurden. Die Handelsrouten über das Meer, die Ausbeutung der Kolonien und schließlich die Sklaverei in Süd- und Nordamerika brachte massenhaft Baumwolle nach Europa. Der begrenzende Faktor der Fasererzeugung fiel.

Bis 1764 entwickelten sich die Webstühle mit der umwälzenden Erfindung des Weberschiffchens, sowie die Strick- und Wirkmaschinen, die im Wesentlichen mit Pedalen ähnlich den Kirchenorgeln angetrieben wurden.
Sticken, Wirken und Weben konnte man alsbald in für damalige Verhältnisse großen Geschwindigkeiten. So schnell, dass die Spinner nicht mehr hinterher kamen, das Garn zu spinnen.

Das Spinnen war nun der begrenzende Faktor für die Herstellung von Textilien. 1764 wurde schließlich die Spinnmaschine erfunden. Ab jetzt konnte man alle Disziplinen der Textilwirtschaft beschleunigen, das Spinnen, das Weben, das Stricken usw. Zuerst mit Wasserkraft, nach und nach mit der ebenfalls 1764 erfundenen Kondensator-Dampfmaschine. Jedoch wurde parallel auch der Sklavenhandel beschleunigt.

Heute ist die die Textiltechnik überaus umfangreich spezialisiert.
Natürlich kann man im Studium der Textiltechnik, so wie in jedem anderen Studium, nur so einige ausgewählte Grundlagen erlernen.
So kommt es, dass selbst studierte Textiltechniker in der Fülle der verschiedenen Textilmaschinen wohl die sprachlichen Grundlagen, aber nicht die Vielfalt der Textiltechnik erlernen können.
Erst nach vielen Berufsjahren steten Lernens und Hinzu-Erfahrens erhält der Textiltechniker einen Überblick.

Ganz ähnlich ergeht es auch dem Chemiker, dem Physiker, jedem Ingenieur, jedem Meister beginnend mit Lehre oder Studium bis in die reifen Jahre des Fachmanns.