Apocynum – Kendyr – Hundsgift

Zeit nach der Baumwolle

In Ländern Zentralasiens gibt es Initiativen: "Zeit nach der Baumwolle". Das deutet bereits darauf hin, dass es nur noch eine Frist gibt, in der ein Baumwollexport nennenswert zum Bruttosozialprodukt beiträgt. Daher gibt es Bemühungen, sich nach anderen Faserpflanzen umzusehen, die den veränderten Bedingungen trotzen.
In präsidialen Gesellschaften erfolgt eine solche Vorbereitung gezielter als in neoliberalen, wenngleich auch nicht wirklich effektiver.

Baumwollgebiete in kontinentalen Zonen wie in Zentralasien, aber auch im südlichen Nordamerika leben von der Bewässerung im Früh- und Jungwachstum. Neben der Wassernutzung aus Kanälen und Flussumleitungen greifen Tiefbrunnen zunehmend nach den fundamentalen Wasserreserven.
Der Bewässerung folgt immer im unmittelbaren Tagesverlauf die Oberflächenverdunstung und in den Folgetagen die Evaporation aus den oberen Bodenschichten. Direkte Verdunstung des Oberflächenwassers und der Evaporation nehmen deutlich zu, was die Notwendigkeit der Bewässerung beschleunigt und die Verfügbarkeit verteuert oder die Anbauflächen zurückdrängt.

Der Baumwollanbau, vor 250 Jahren noch in den tropischen und subtropischen Gebieten in Süd- und Ostasien beheimatet, ist in den ariden und semiariden Gebieten wesentlich resistenter gegen Schädlinge und Pilzbefall, als in klimatisch humideren Gebieten. So ging in den USA der Anteil des ehemaligen Old Cotton Belt am Baumwollanbau von 1930 bis 1980 stark zurück zugunsten der Bewässerungslandwirtschaft im Südwesten und Westen, um anschließend die Entwicklung wieder zu verkehren, dank stärkerer Insektizide und Fungizide. Unter humidem Klima (mehr Regen als Verdunstung) braucht man enormen Pflanzenschutz. Unter aridem (mehr Verdungstung als Regen) Klima braucht man Bewässerungskanäle und den Raub von Wasservorkommen. Maschinenernte braucht den Einsatz von Glyphosat vor der Ernte. Handernte ist teuer.

Versalzene Böden

In Sedimentböden, zu deren geologischer Geschichte Meeresablagerungen gehören, finden sich Salzschichten aus diesen Zeiten. Salz in oberen Schichten wird durch Regenwasser auf dem Weg des Versickerns in untere Schichten mitgenommen. Verdunstet dieses und steigt Wasser aus unteren Schichten nach oben, geht auch das Salz zum Teil wieder nach oben.
Ohne den Menschen herrscht sowohl in humidem Klima als auch im ariden Klima ein stabiles Gleichgewicht. Es kommt in der Regel nur lokal zu Salzausblühungen an der Oberfläche, wie etwa die Bildung von Wüstenrosen in der Sahara.

Anders, wenn der Mensch eingreift.
Bewässerungswasser versickert, Salze in den Versickerungsschichten dissoziieren in diesem Versickerungswasser. Wenn nun aus den oberen Bodenschichten Feuchtigkeit verdunstet, steigt Wasser aus unteren Schichten kapillar – dem Gleichgewicht der Evaporationsdruckdifferenz folgend – in die oberen Schichten. Dabei bringt dieser kapillare Wassertransport das dissoziierte Salz mit. Wenn dieses Wasser dann an der Oberfläche wieder verdunstet, bleibt das Salz zurück.

Da der Baumwollanbau einen hohen Wasserbedarf hat, dieser in ariden Gebieten Bewässerung verlangt, starke Bewässerung aber zu versalzenen Böden führt, muss der Baumwollanbau eingestellt werden.

Kendyr

Apocynum ist mehrjährig, anspruchslos und galt – ähnlich wie die Brennessel in Deutschland – als Faserpflanze der armen Leute, da sie wild wächst und folglich wild geerntet wurde. Die Fasern liegen als Bastfasern in der Rinde.

Kendyr ist eine der vielleicht möglichen Alternativen, eine Zeit nach der Baumwolle zu bestreiten.

Mit befreundeten Wissenschaftlern und Geschäftspartnern beteiligen wir uns an einem Kooperationsvorhaben in Usbekistan und Kasachstan, durch eine Übermittlung technischen Wissens, Erfahrungen aus der Verarbeitung von Hanf auf zentralasiatische Bedingungen zur Verarbeitung von Kendyr zu ermöglichen.


weitere Informationen zum Klimawandel in Zentralasien: hier